Biografie Heinrich Tessenow
Heinrich Tessenow wurde am 7. April 1876 als Sohn eines Zimmermanns geboren.
Heinrich Tessenow gehörte in den lebhaften geistigen Auseinander-
setzungen der ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts zu den führenden und interessantesten Architekten in Deutschland. Sein Wirken ist in die von England ausgehende, als geistige Besinnung und Erneuerung empfundene europäische Bewegung einzuordnen. Es war ein Besinnen auf Werte, die in der Verwirrung des Historismus und in der hektischen Suche nach „Stilen“ verloren gegangen waren. Mit seiner Vorstellung von neuen menschlichen Lebensformen wandte er sich in seinen Schriften, in seinen Planungen und mit seinen Bauten dem Wohnungsbau, insbesondere dem Kleinwohnungsbau, zu.
Durch seine Schriften „Wohnungsbau“ (1909), „Hausbau und dergleichen“ (1916) und „Handwerk und Kleinstadt“ (1919) wurde er bekannt und erhielt Zugang zu bedeutenden Projekten, wie zur Mitarbeit an der ersten Deutschen Gartenstadt Hellerau bei Dresden. Dort übertrug man ihm auch den Bau der Bildungsanstalt für rhythmische Gymnastik (Dalcroze-Institut), in dem neue pädagogische Ideen und revolutionäre Formen der Darstellenden Kunst ihren eigenen baulichen Ausdruck fanden. Das heutige Festspielhaus wird als ein Zeugnis einer neuen Architektur angesehen. Seine Wohnhäuser sind gekennzeichnet durch eine provozierende Einfachheit.
Nachdem Tessenow bereits als Lehrer in der Baugewerkschule in Lüchow und an der Kunstgewerbeschule Trier sowie als Assistent von Martin Dülfer an der TH Dresden tätig war, wurde er 1913 als Professor an die Kunstgewerbeschule in Wien und 1920 an die Akademie der Künste in Dresden berufen, wo er die Leitung der Architekturabteilung übernahm. 1926 folgte er einem Ruf nach Berlin, wo die Studenten der Technischen Hochschule einen zukunftsorientierten Unterricht durch fortschrittliche Lehrer gefordert hatten.
1925-27 wird für das staatliche Internat, die sächsische Landesschule in Dresden, ein neues Schulgebäude in Klotzsche gebaut. Tessenow wird mit dem Entwurf und der Ausführung in Zusammenarbeit mit der Hochbaudirektion beauftragt. Unter seinen Wettbewerbserfolgen und ausgeführten Bauten ist die Umgestaltung der „Neuen Wache“ von Schinkel in Berlin das am meisten bekannte Meisterwerk von Tessenow. Nach seiner 1941 verordneten Emeritierung zog er sich nach Mecklenburg zurück, wo er das Kriegsende erlebte. Nach dem Zusammenbruch arbeitete Tessenow zunächst an Wiederaufbauplänen für mecklenburgische Städte und Lübeck. 1947 holte man ihn auf seinen früheren Lehrstuhl nach Berlin zurück. Dort starb er am 01. November 1950.